Klimaschutz in Leipzig – nur auf dem Papier

Die Stadt Leipzig engagiert sich bisher scheinbar nur auf dem Papier fürs Klima. Angesichts der Bedeutung von Grünflächen hat sich Leipzig bereits in den „Umweltqualitätszielen und -standards für die Stadt Leipzig“ (1996/2003) Ziele zur Reduzierung von Überhitzung und Wärmestau gesetzt und diese 2012 erneuert. Darin formulieren sich u.a. folgende Ziele:

„Erhalt aller wichtigen Kaltluftentstehungsflächen sowie Freihaltung dazugehöriger Kaltluftabflussbahnen und sonstiger Frischluftschneisen

Minimierung des Anteils versiegelter Flächen

Erhöhung und dauerhafte Erhaltung des Anteils an Frei- und Grünflächen“

Quelle: koopstadt, Klimagerechte und nachhaltige Stadtentwicklung, Stadt Leipzig, Dezernat Stadtentwicklung, S.26

Bereits damals war klar, dass der Klimawandel auch Leipzig nicht verschonen wird. Die wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnung liegen in der Zeit nach 2012. Besonders die Sommer der Jahre 2018 bis 2020 sowie 2022 waren außergewöhnlich warm. Zudem nehmen Tropennächte immer weiter zu und werden zu weiteren Belastung der Stadtbewohner:innen (Quelle: Belastung durch Hitze: Warum Tropennächte so gefährlich sind).

Erneute Klimaprognosen ergaben: In Leipzig wird 2100 von April bis Oktober Sommer sein, eine Erhöhung der Jahresmitteltemperatur von 3,9°C ist zu erwarten.

Auch die Stadtklimanalyse aus dem Jahr 2021 nimmt Bezug auf diese Problematiken. Angesichts der zunehmend intensiver und häufiger werdenden Hitzeperioden sowie des weiteren Wachstums der Stadt Leipzig ist die Schaffung sowie die Aufrechterhaltung von Grünflächen eine wesentliche Voraussetzung für den Erhalt gesunder Wohn- und Arbeitsbedingungen und damit aktiven Gesundheitsschutz. Die Stadtklimaanalyse bietet hierfür die Grundlage für eine gezielte Umsetzung von Maßnahmen.

„Neue, frei zugängliche Grünflächen werden vornehmlich auf ungenutzten oder brachliegenden Flächen oder Baulücken errichtet, so dass die zentralen Akteure von den jeweiligen Besitzverhältnissen abhängig sind. […] Die Anlage von zusammenhängenden größeren Grünflächen wie Parkanlagen oder Urbane Wälder in bebauten Stadtquartieren (z.B. GleisGrünZug Bahnhof Plagwitz) ist besonders anzustreben. Sie sind sowohl für den nächtlichen Kaltlufthaushalt als auch für die Erholung vom thermischen Stress am Tage von besonderer Bedeutung.”

Quelle: Stadtklimanalyse Phase 2, S.110

Zunehmende Versiegelung, Verschwinden von Baumbestand

Ende 2024 berichtete Correctiv über die zunehmende Versiegelung Leipzigs. In unserer Stadt ist die Grünfläche pro Leipzigerin und Leipziger seit 2017 kontinuierlich gesunken, bestätigte das Amt für Stadtgrün und Gewässer ebenda. 2025 wurde außerdem bekannt, dass die Stadt Leipzig jedes Jahr über 1000 Bäume verliert. Mit den Neupflanzungen kommt man nicht hinterher, die anhaltende Trockenheit erschwert das Anwachsen.

Überdies ist festzustellen, dass im westlichen Abschnitt von Lindenau fast keine fußläufig erreichbaren qualitativ hochwertigen biodiversen schattenspendenden Grünflächen existieren.

Fehlen verbindlicher Vorgaben für eine klimafreundliche Stadtplanung

Die Stadt Leipzig, insbesondere der Leipziger Westen, hat in den letzten zehn Jahren einen erheblichen Anstieg der Bevölkerung verzeichnet. Obwohl die Stadt nach wie vor die gleichen klimatischen Ziele auf dem Papier bekräftigt, ist der Fortschritt in der Praxis begrenzt. Zum einen ist hier der Masterplan Grün sowie die Biotopverbundsplanung zu nennen.

Der Masterplan Grün soll „eine politisch und gesellschaftlich akzeptierte und anwendungsorientierte Handlungsgrundlage für bevorstehende Entscheidungen zur räumlichen Entwicklung der Stadt werden“. Dieser Plan zielt darauf ab, die grünen Flächen und natürlichen Ressourcen der Stadt zu schützen und auszubauen. Er stellt eine strategische Grundlage für die Integration von Grünflächen in die Stadtplanung dar und berücksichtigt dabei ökologische, soziale und ökonomische Aspekte. Doch er ist immer noch nicht fertig.

Die Biotopverbundplanung soll im Laufe des Jahres 2024 fertig gestellt werden. Die Biotopverbundsplanung trägt wesentlich zur nachhaltigen Stadtentwicklung bei, indem sie den ökologischen Zusammenhalt stärkt und die Lebensqualität für die Bewohner verbessert. Sie stellt sicher, dass die städtische Entwicklung im Einklang mit den Zielen des Naturschutzes und der Biodiversität erfolgt.

Bisher ergeben sich aus all diesen ökologischen Überlegungen und Instrumenten jedoch keine verbindlichen Vorgaben für die Stadtplanung.

Dies bemängeln insbesondere die Leipziger Umweltverbände. Niclas-Robin Rosendahl, Pressesprecher des Ökolöwen – Umweltbund Leipzig, sagt in Stadt für Alle! Strategien der Aneignung stadtpolitischer Prozesse in Leipzig:

… egal wo wir hinsehen, ob bei Tempo 30, Straßenbäumen, Straßenbegleitgrün, Biotopverbundplanung, der Sicherung von Grünflächen vor Bebauung und Versiegelung, bei Ausgleichmaßnahmen und und und … die gesetzten Ziele werden nicht erreicht, gar verschleppt. Um jede Grünfläche muss einzeln gekämpft werden. Das sind Angelegenheiten, die in der Verantwortung der Stadt liegen – beispielsweise das nötige Geld im Haushalt einzuplanen.

Melanie Lorenz, Vorsitzende des BUND Leipzig, ergänzt ebenda:

Ökologische Belange sind nur unverbindlich formulierte Abwägungsbelange, die in der Praxis meist hinter der Baufreiheit zurücktreten. Dazu kommen unzureichende Prüfungen der Umweltaspekte in Genehmigungsverfahren durch die Stadt.

Verschwinden von Brach- und Freiflächen

Die Bürgerinitative „Bürgerbahnhof Plagwitz erhalten“ hat bereits auf den Umstand des Verschwindens von ungenutzten Flächen und offenen Grünflächen aufmerksam gemacht. Die Verdichtung der Stadt ist in vollem Gange. In den letzten Jahren sind dutzende Brach- und Freiflächen im Leipziger Westen verschwunden und bebaut worden. Deshalb ist es äußerst wichtig, das Jahrtausendfeld als unbebaute Fläche zu erhalten, um das Stadtklima im Leipziger Westen zu schützen.

An dieser Stelle ist zudem auf die Website der Bürgerinitative „Bürgerbahnhof Plagwitz erhalten“ zu verweisen. Diese stellen eine unvollständige Karte bereit, über die verschwundenen öffentlichen und halböffentlichen Brachflächen sowie unbebauten Gebiete im Leipziger Westen.

Die Stadt Leipzig hat 2025 ein Förderprogramm für Begrünung und Entsiegelung für Flächeneigentümer aufgelegt. Da der Haushalt 2025/2026 noch nicht von der Landesdirektion Sachsen genehmigt wurde, befindet sich die Stadt Leipzig im Juli 2025 jedoch noch immer in der Vorläufigen Haushaltsführung, in der keine Anträge auf Zuwendungen genehmigt werden können.

Die Mär fehlender finanzieller Mittel

Immer wieder werden fehlende finanzielle Mittel als Begründung für die Ignoranz der städtischen ökologischen Bedarfe bemüht. Dabei müsste die Stadt Leipzig gezielt Flächen ankaufen, die entsiegelt werden können, anstatt Geld, das für den Klimaschutz bestimmt ist, in Konstruktionsprojekte zu stecken. So investierte die Kommune 2024 die sogenannte „Klimamillion“ in den Bau einer Photovoltaikanlage auf einem Parkplatz und förderte mit einer halben Million Euro aus einem kommunalen Topf, der eigentlich für für Klimaprojekte gedacht ist, den privaten Bau eines Parkhauses in Holzbauweise.

Die Prämissen der 1990er Jahre – privaten Investoren die Gestaltung der Stadt zu überlassen – sind längst überholt. Es gilt, endlich nachhaltig zu denken und die Orte, an denen wir leben, für die Zukunft zu gestalten, die den zu erwartenden Veränderungen des Klimas Rechnung trägt – und sie abmildert.