Bebauung des Jahrtausendfelds mit überdimensionsionertem Schulneubau vorerst gestoppt – Ein Etappensieg für die Stadtgesellschaft

Am 17. September 2025 erfuhren wir aus einem Artikel der Leipziger Volkszeitung, dass die Stadtbau AG, deren Geschäftsführer Patrik Fahrenkamp auch im Stiftungsrat der Leipzig International School sitzt, das Bauvorhaben auf dem Jahrtausendfeld vorerst aussetzt. Im Artikel kommen nur die Vorhabenträgerin und die Bauherrin zu Wort, weshalb er uns an vielen Stellen tendenziös erscheint. Wir möchten deshalb einige Details richtigstellen, sowie zentrale Aspekte in Erinnerung rufen, die für die Diskussion um das Jahrtausendfeld entscheidend sind und nicht unerwähnt bleiben dürfen.

Bebauungsplan schon 2021 beschlossen

Bereits 2021 hat der Stadtrat den Aufstellungsbeschluss zu einem Bebauungsplan für die Fläche beschlossen. Es war den Vorhabenträgern im Februar 2023, als das Bauprojekt startete – so Helena Putsch im Artikel – also durchaus bekannt, dass hier nicht aufs Geratewohl losgebaut werden konnte. Im Januar 2025 hat der Stadtrat den Bebauungsplanbeschluss per se bestätigt, allerdings in abgemilderter Form, als beschleunigter Bebauungsplan. Die Stadtbau AG hatte vorher versucht, den bestehenden Beschluss über Absprachen mit dem Baubürgermeister auszuhebeln.

Dass auf einer derart großen Fläche ein Bebauungsplan liegt, ist mitnichten ungewöhnlich. Bebauungspläne werden beschlossen, sobald „es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist“ (§1 BauGB, Abs. 1) und sollen unter anderem „dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern“ (§1 BauGB, Abs. 5).

Fehlendes Verkehrskonzept

Ein weiterer im Artikel unerwähnter Aspekt ist der zusätzliche Druck auf eine ohnehin bereits überlastete Verkehrsinfrastruktur vor Ort, den ein Schulneubau dieser Größenordnung (täglich 1600-1800 Schüler:innen, von denen viele mit sogenannten Elterntaxis aus dem gesamten Stadtgebiet anreisen, ca. 400 Angestellte, sowie Lieferverkehr) zwangsläufig mit sich bringen würde. Ein Verkehrskonzept blieb die Vorhabenträgerin bis zuletzt schuldig. Dieses wurde sowohl von den Umweltverbänden, der Bürgerinitiative und dem Elternrat der benachbarten Gießergrundschule, als auch von mehreren Fraktionen im Leipziger Stadtrat wiederholt eingefordert.

Zur Erinnerung: Der Stadtrat ist ein von den Leipziger Bürger:innen gewähltes Gremium, nicht ein zusammengewürfelter Haufen, der Bauprojekte blockiert, wie im Artikel dargestellt.

Verdichtung oder klimaresiliente Stadt?

Neben dem zu erwartenden Verkehrsaufkommen und dessen Emissionen besteht ein offensichtlicher Widerspruch zwischen einer dichten Bebauung und der erklärten strategischen Ausrichtung der Kommune hin zu einer klimaresilienten Stadt. Immer wieder haben wir auf die Stadtklimaanalyse hingewiesen, die das Jahrtausendfeld als klimaaktive Fläche ausweist und den Stadtteil kühlt sowie für Luftaustausch sorgt.

Der Artikel erwähnt erneut eine angeblich „ein Drittel“ des Felds große öffentliche Grünfläche, die die Eigentümerin angeboten hätte. Wir haben dies bereits 2024 als faulen Deal entlarvt, denn die angebotene Fläche ist nur so groß wie ein halbes Fußballfeld und die vermeintliche „neue“ öffentliche Grünfläche beinhaltete sowohl die geschützte Uferböschung und den öffentlichen Weg, der bereits der Kommune gehört!

Verseuchter Boden

Auch die Problematik der stark kontaminierten Fläche – 2500qm des Feldes zwischen Karl-Heine-Straße und öffentlichem Weg die derzeit noch der Gesellschaft zur Entsorgung und Sanierung von Altlasten (GESA) gehört – blieb bis zuletzt ungeklärt. Weder Vorhabenträger:in, noch Derzeit-Eigentümerin Bund, noch die Kommune wollten sich bislang darum kümmern. Dass diese Fläche ohne Sanierung gar keine Grünfläche werden kann, haben wir bereits im Detail analysiert.

Warum hier?

Bisher hat die Vorhabenträgerin immer wieder die Nähe zu ihrem Kindergartenbau in der Karl-Heine-Straße als Argument für eine Bebauung an dieser Stelle genutzt. Tatsache ist, dass die Stadtbau AG in Leipzig über weitere große Grundstücke verfügt, auf denen ein Schulneubau realisierbar wäre. Genannt seien etwa die Flächen am Gut Großzschocher, wo eine bauliche Entwicklung zugleich die Rettung des denkmalgeschützten Gutes ermöglichen könnte, oder die weitläufigen Areale westlich der S-Bahnlinie am Kohlrabizirkus.

Fehlende Neubau-Förderung

Zwischen den Zeilen lesen wir außerdem, dass Förderungen für den Schulneubau fehlen. Dies liegt jedoch weder an der Politik oder der Arbeitsweise der Stadtverwaltung noch an den Protesten der Bürgerschaft, sondern schlicht und einfach am Rotstift auf Landesebene.

Soweit uns das bekannt ist, reichte die Stadtbau AG ihre Bauvoranfrage im Januar 2025 ein. Zu diesem Zeitpunkt bat die Verwaltung um die Vervollständigung offener Fragen. Die Stadtbau AG reichte eine erneute, vollständige Anfrage erst im März 2025 ein, welche innerhalb der gesetzlichen Fristen auch bearbeitet wurde.

Fazit

Wer über die Köpfe der Anwohnerschaft hinweg im Herzen des Leipziger Westens klimanotwendige Freiflächen verbaut, den Bewohner:innen, Kindern und Tieren ein Stück liebgewonnene Freiheit entreißen will, muss sich auch dem Gegenprotest stellen. Der „gesellschaftliche Riss“ entsteht nicht durch die Ablehnung eines Bauprojektes. Er entsteht durch Flächendruck, fehlende Freiräume in einer immer enger werdenden Stadt und einer nur vom Geld getriebenen Stadtentwicklung über die Köpfe der Menschen hinweg.

Wir begrüßen daher die Entscheidung der LIS und der Stadtbau AG, die bisherigen Entwicklungspläne vorerst zurückzunehmen, und appellieren an alle Beteiligten, künftig ernsthaftere Beteiligungsprozesse zu wagen.

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